Warum Tiroler Graukäse der unterschätzte Star der Alpenküche ist ... - tirolish

Warum Tiroler Graukäse der unterschätzte Star der Alpenküche ist ...

February 05, 2025Claudia Fankhauser

Der Tiroler Graukäse ist tatsächlich eines der bemerkenswertesten Produkte der österreichischen Alpenregion, jedoch oft übersehen im Schatten bekannterer Käsesorten. Während andere Alpine Käsespezialitäten weithin bekannt sind, bleibt dieser fettarme Traditionskäse für viele noch ein gut gehütetes Geheimnis.

Diese besondere Käsespezialität verdient mehr Aufmerksamkeit - nicht nur wegen ihres einzigartigen Geschmacks, sondern auch aufgrund ihrer beeindruckenden gesundheitlichen Vorteile. Selbst in modernen Käse Onlineshops gewinnt der Graukäse zunehmend an Beliebtheit bei gesundheitsbewussten Verbrauchern.

In diesem Artikel entdecken wir die faszinierende Geschichte des Tiroler Graukäse, seine besonderen Eigenschaften und wie er sowohl traditionell als auch modern verwendet werden kann.

Die Geschichte des Tiroler Graukäse

Ursprung in den Tiroler Alpen

Zunächst reicht die Geschichte des Tiroler Graukäse bis ins 14. Jahrhundert zurück, als erste urkundliche Belege seine Produktion und seinen Verzehr dokumentierten. Darüber hinaus entwickelte sich dieser Käse ursprünglich als praktische Lösung zur Verwertung überschüssiger Magermilch in der Alpenregion.

Besonders bemerkenswert ist, dass der Graukäse vor der Einführung der Labkäserei um 1830 die vorherrschende Form der Milchverarbeitung in Tirol darstellte. Allerdings galt er damals als typisches "Arme-Leute-Essen", da die Magermilch nach dem Abschöpfen des Rahms für die Butterherstellung im Überfluss vorhanden war.

Traditionelle Herstellungsmethoden

Die traditionelle Herstellungsmethode des Graukäse hat sich in den vergangenen 700 Jahren kaum verändert. Der Prozess beginnt mit der Verwendung von Magermilch, die durch Säuerungskulturen bei 20 bis 25 Grad dickgelegt wird. Schließlich erfolgt das Erwärmen auf 50 bis 55 Grad im sogenannten "Brennvorgang".

In früheren Zeiten sammelten die Bauern die sogenannte Restmilch oft tagelang, wodurch sie automatisch sauer wurde. Nach dem Erhitzen wurde der Käse gesalzen, in Holzformen gepresst und zum Reifen in den Käsekeller gelegt. Die dort herrschenden Bedingungen führten zur Bildung charakteristischer graugrüner Schimmelkulturen, die dem Käse seinen Namen gaben.

Die Reifung dauert zwischen 10 und 21 Tagen bei einer Temperatur von 18 bis 20 Grad und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60 bis 80 Prozent. Diese traditionelle Handwerkskunst wird bis heute in bäuerlichen Betrieben und kleineren Sennereien praktiziert, was jeden Laib zu einem Unikat macht.

Aufgrund seiner kulturellen und historischen Bedeutung erhielt der Tiroler Graukäse den Status einer geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.).

Besondere Eigenschaften des Graukäse

Mit seiner charakteristischen grauen Oberfläche und dem einzigartigen Reifungsprozess zeigt der Graukäse bemerkenswerte Eigenschaften, die ihn von anderen Käsesorten deutlich unterscheiden.

Nährwerte und Fettgehalt

Der Tiroler Graukäse zeichnet sich durch seinen außergewöhnlich niedrigen Fettgehalt von maximal 2% in der Trockenmasse aus. Darüber hinaus enthält er pro 100 Gramm durchschnittlich 33 Gramm Protein, was ihn besonders für eine eiweißreiche Ernährung interessant macht. Mit lediglich 139 Kilokalorien pro 100 Gramm eignet sich dieser Magerkäse hervorragend für eine kalorienreduzierte Ernährung.

Geschmacksprofil

Das Geschmacksprofil des Graukäse entwickelt sich während der Reifung bemerkenswert. Zunächst präsentiert er sich mit feinsäuerlichen Joghurt- und Hefenoten. Außerdem entfalten sich dezente Aromen von Leder und Blumenwiese [7]. Mit zunehmender Reifung wird der Geschmack intensiver und entwickelt eine pikant-würzige bis scharfe Note.

Textur und Aussehen

Die äußere Erscheinung des Graukäse ist durch eine dünne, bläulich-graue bis grün-graue Rinde mit charakteristischen landkartenartigen Rissen gekennzeichnet. Schließlich bildet sich während der Reifung der typische Milchschimmel, der dem Käse seinen Namen verleiht.

Die Textur durchläuft während der Reifung verschiedene Stadien. Im jungen Zustand zeigt der Käse eine krümelige bis geleeartige Konsistenz. Der Teig ist mit Topfenstücken durchzogen und entwickelt sich mit fortschreitender Reifung zu einer speckigen Konsistenz. Besonders bemerkenswert ist die Randzone, die meist etwas trockener erscheint und im reifen Zustand eine speckige Textur aufweist.

Die Farbe des Käseteigs variiert von weißlich-gelb bis speckig. Dennoch kann der Graukäse gebietsweise auch von außen nach innen mit grau- bis graugrünem Schimmel durchädert sein oder einen weißen Kern aufweisen. Diese Vielfalt in Textur und Aussehen macht jeden Laib zu einem einzigartigen Geschmackserlebnis.

Gesundheitliche Vorteile

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die gesundheitlichen Vorteile des Graukäse machen ihn zu einem besonderen Schatz der Tiroler Küche. Seine einzigartigen Eigenschaften bieten mehrere positive Auswirkungen auf die Gesundheit.

Proteingehalt

Der Graukäse überzeugt durch seinen außergewöhnlich hohen Proteingehalt von 33 Gramm pro 100 Gramm. Darüber hinaus enthält er nur 1 Prozent Fett, was ihn zu einer idealen Proteinquelle für eine ausgewogene Ernährung macht. Diese bemerkenswerte Nährwertkombination liefert bei einer Portion von 30 Gramm bereits 9,8 Gramm Protein.

Verdauungsfördernd

Besonders bemerkenswert sind die verdauungsfördernden Eigenschaften des Graukäse. Die enthaltenen probiotischen Bakterien unterstützen aktiv die Darmgesundheit. Außerdem macht seine leichte Verdaulichkeit ihn zu einer ausgezeichneten Wahl für Menschen mit empfindlichem Magen.

Für Sportler geeignet

Der Graukäse hat sich als echte "Sportlernahrung" etabliert. Seine Eignung für Athleten basiert auf mehreren Faktoren:

·       Extrem niedriger Kaloriengehalt von nur 152 kcal pro 100 Gramm

·       Optimales Verhältnis von Protein zu Fett

·       Laktosefrei

·       Schnelle Verwertbarkeit der Proteine

Schließlich macht die Kombination aus hohem Eiweißgehalt und minimalem Fettanteil den Graukäse zu einem wertvollen Bestandteil der ernährungsbewussten Küche [7]. Seine Vielseitigkeit ermöglicht dabei sowohl den Verzehr als kalte Speise als auch die Verwendung in warmen Gerichten, wodurch er sich perfekt in verschiedene Ernährungspläne integrieren lässt.

Die enthaltenen Mineralstoffe wie Kalzium und Vitamin B12 runden das gesundheitliche Profil dieses traditionellen Käses ab. Diese Nährstoffkombination unterstützt nicht nur die Muskelregeneration nach dem Sport, sondern trägt auch zur allgemeinen Gesundheit bei.

Traditionelle Verwendung

In der traditionellen Tiroler Küche nimmt der Graukäse einen besonderen Platz ein, der sich durch vielfältige Zubereitungsarten auszeichnet.

Klassische Graukäse-Gerichte

Die Brennsuppe mit Graukäse gehört zu den bekanntesten Gerichten der Tiroler Küche. Für ihre Zubereitung werden typischerweise folgende Zutaten verwendet:

·       30g Butterschmalz

·       30g Mehl

·       1 Liter Rindsuppe

·       75g Graukäse

·       Frischer Schnittlauch zur Garnierung

Ein weiterer Klassiker sind die Kaspressknödel, die dem Tiroler Graukäse sein besonders würziges Aroma verdanken. Darüber hinaus erfreuen sich Zillertaler Krapfen großer Beliebtheit in der regionalen Küche.

Die Graukäse-Rahmsuppe stellt eine besondere Spezialität dar. Bemerkenswert ist, dass diese Suppe auch von Menschen geschätzt wird, die den Käse in seiner ursprünglichen Form nicht mögen. Außerdem findet der Graukäse Verwendung in Käsespätzle und verschiedenen Knödelvariationen.

Serviervorschläge

Die traditionellste Art, Graukäse zu servieren, ist "sauer angemacht". Hierfür wird der Käse in Scheiben geschnitten und mit einer Marinade aus folgenden Komponenten zubereitet:

·       4 EL Kräuteressig

·       4 EL Maiskeimöl oder Kernöl

·       Fein geschnittene rote Zwiebeln

·       Salz und Pfeffer nach Geschmack

Schließlich wird der marinierte Käse mit kräftigem Schwarzbrot und frischer Butter serviert. Diese Kombination, auch "Marend" genannt, stellt eine beliebte Zwischenmahlzeit dar.

Eine moderne Interpretation findet sich im Graukäse Cordon Bleu, das vorzugsweise mit Kartoffel-Vogerlsalat und Preiselbeeren serviert wird. Dennoch bleiben die klassischen Serviervorschläge zeitlos beliebt, wie etwa die Kombination mit knusprigem Bauernbrot oder die Verwendung in warmen Saucen.

Die Graukasterrine, eine mousse-artige Beilage, ergänzt hervorragend geräucherte und gesalzene Speisen. Zudem entwickeln innovative Köche stetig neue Interpretationen traditioneller Rezepte, die den charakteristischen Geschmack des Graukäse in moderne Gerichte integrieren.

Moderne Interpretationen

Von der einfachen Bergküche bis in die Sterne-Gastronomie hat der Graukäse eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen. Seine kulinarische Reise zeigt, wie traditionelle Produkte zeitgemäß interpretiert werden können.

Neue Rezeptideen

Der Graukäse findet in modernen Küchen vielfältige Verwendung. Besonders bemerkenswert sind die Tagliatelle-Variationen, bei denen der Käse mit Schinkenspeck und Basilikumpesto kombiniert wird. Darüber hinaus entstehen kreative Kombinationen mit Kürbiskernöl und weißem Balsamweinessig, die dem Käse neue geschmackliche Dimensionen verleihen.

Außerdem experimentieren zeitgenössische Köche mit der Textur des Käses. Eine beliebte Variation ist die Verarbeitung zu einem luftigen Schaum, der traditionelle Geschmacksnoten in moderner Form präsentiert. Schließlich entstehen innovative Gerichte wie Graukäse-Nocken mit Salbeibutter, die klassische Elemente neu interpretieren.

In der gehobenen Küche

Die Entwicklung des Graukäse in der Spitzengastronomie ist beeindruckend. Im mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant St. Hubertus von Norbert Niederkofler wird der Käse als raffinierter Schaum zum Risotto serviert. Diese Interpretation zeigt die Wandlung vom einstigen "Armeleuteessen" zur hochgeschätzten Zutat der Gourmetküche.

Die Anerkennung durch den Förderkreis Slow Food unterstreicht zusätzlich die kulinarische Bedeutung des Graukäse. Spitzenköche wie Reinhard Steger und Karl Volgger haben mehr als 150 innovative Rezepte entwickelt, die den Graukäse in den Mittelpunkt stellen. Sie beschreiben ihre Arbeit als "Liebeserklärung an ein Stück Ahrntaler Kulturgut, das die Welt der Gourmets zu verzaubern vermag".

Fusion-Gerichte

Die Verschmelzung traditioneller Tiroler Küche mit internationalen Einflüssen bringt spannende neue Kreationen hervor. Moderne Interpretationen umfassen:

·       Graukäse-Risotto mit Kürbiskernöl-Finish

·       Luftige Graukäse-Mousse auf Schüttelbrot

·       Graukäse-Ravioli mit Salbeibutter

·       Fusion-Tapas mit Graukäse und mediterranen Kräutern

Diese innovativen Gerichte respektieren die ursprünglichen Eigenschaften des Käses, während sie neue geschmackliche Horizonte erschließen. Die Kombination mit Walnüssen und Tiroler Speck hat sich dabei als besonders harmonisch erwiesen.

Die Neue Regensburger Hütte im Stubaital demonstriert eindrucksvoll, wie der Graukäse auch in der vegetarischen Küche brillieren kann. Ihre komplett fleischlose Interpretation traditioneller Almgerichte zeigt das Potenzial des Käses für zeitgemäße Ernährungsformen.

Die moderne Verwendung des Graukäse erstreckt sich auch auf innovative Frühstückskreationen und zeitgenössische Tapas-Variationen. Dabei wird der Käse oft mit unerwarteten Zutaten wie Kürbiskernöl aus der Steiermark oder weißem Balsamweinessig kombiniert. Diese kreativen Ansätze beweisen die außergewöhnliche Vielseitigkeit des Graukäse in der modernen Küche.

Fazit

Tiroler Graukäse verkörpert die perfekte Verbindung zwischen alpiner Tradition und zeitgenössischer Küche. Seine bemerkenswerte Entwicklung vom bescheidenen Ursprung zur geschätzten Zutat der Spitzengastronomie zeigt die zeitlose Qualität dieses einzigartigen Käses.

Schließlich macht die Kombination aus gesundheitlichen Vorteilen, traditioneller Handwerkskunst und kulinarischer Vielseitigkeit den Graukäse zu einem wahren Schatz der österreichischen Alpenregion. Seine beeindruckenden Nährwerte - besonders der hohe Proteingehalt bei minimalem Fettanteil - entsprechen optimal den Anforderungen moderner Ernährung.

Tatsächlich beweist die kreative Verwendung in traditionellen wie auch innovativen Gerichten die außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit des Graukäse. Diese kulinarische Vielseitigkeit, gepaart mit jahrhundertealter Handwerkstradition, macht ihn zu einem unverzichtbaren Bestandteil der alpinen Küche - heute mehr denn je.

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